Da sehe ich schon mal ein paar Fallstricke.
- Die Roboadvisor sind eben leider nicht nur „etwas“ teurer, sondern z.T. über das 10-fache teurer als ein reguläres Depot.
- Du scheinst mir hier ein Roboadvisor mit einem aktiv gemanagten Portfolio mit Vermögensverwaltungsmandat gleichzustellen, was natürlich falsch ist. Bei einem Vermögensverwaltungsmandat wird das Portfolio aktiv gemanaged und Research Informationen beigezogen und die Vermögensverwalter können da aktiv auf Signale, Mikro-/Makro Fundamentals einbeziehen, Titel kaufen/verkaufen, die Asset Allocation ändern z.B. Goldanteile erhöhen, Cash Anteile erhöhen bzw. reduzieren, Märkte / Regionen stärker / weniger Stark gewichten, etc. All das macht ein Roboadvisor nicht. Der Roboadvisor ist im Prinzip nur ein dummer Filter welcher anhand ein paar Parameter die du eingibst dir eine Allocation vorschlägt und ggf. ein paar Sachen die du nicht möchtest rausfiltert und dann am Schluss einfach ein automatisch rebalancing macht auf dem. Nichts weiter. Dafür solch hohe Gebühren zu verlangen sehe ich nicht als gerechtfertigt.
- Rein statistisch gesehen, ist die Wahrscheinlichkeit dass ein Roboavisor nur schon den Markt schlägt relativ klein, durch die sehr hohen Gebühren noch kleiner.
Sagen wir mal wir setzen die Kosten eines regulären Depots auf 0.1%, die Depotgebühren sind das was am meisten relevant sind da diese jährlich auf den gesamten Betrag wieder anfallen. Da gibt es natürlich auch Lösungen ohne Depotgebühren wie Yuh, IB und bei SQ sind die Depotgebühren auf 200 CHF gedeckelt, was je nach Betrag dann wesentlich weniger als 0.1% sind aber da kommen nach die Courtagen und Produkte TER hinzu also sagen wir mal das gleicht sich wieder aus und wir lassen es mal auf 0.1% auch wenn das schön optimiert eher zu viel gerechnet ist, aber der Einfachheit halber. Selbst wenn du mit 0.2% rechnest ist der Unterschied immer noch markant.
Dann haben wir Roboadvisor mit Gebühren von 0.5%-1.2% wie Selma, InYova, etc.
Das Problem ist jetzt die Prozentzahlen sehen in der tat als relativ klein aus, wenn man das jedoch relativ betrachtet ist der Unterschied von 0.1% auf 0.2% nicht so klein wie das eigentlich aussieht sondern das ist schon eine Verdoppelung der Gebühr also ein Anstieg von 100%.
0.6% wären dann also schon 500% höhere Gebühren.
Bei 1.2% reden wir schon von 1100% höheren Gebühren.
Wenn wir dann noch den Compound Effect berücksichtigen, stellt man fest dass die Gebühren regelrecht das Vermögen wegfressen und durch den geschmälerten Zineszinseffekt noch höher sind also die 0.5%-1.2%.
Da kann man also nicht mehr von „etwas“ teurer reden.
Wenn wir ein Brot nehmen welches im Laden 3 CHF kostet, würde ja auch niemand auf die Idee kommen wenn da jetzt ein neuer Laden aufmacht bei dem das Brot jetzt plötzlich 18 CHF kostet (+500%) oder gar 36 CHF (+1100%), dort einzukaufen und das jetzt als guten Deal oder nur „etwas“ teurer zu bezeichnen, nur weil der Laden 100 Meter weniger weit entfernt ist. Jedoch genau um solche Unterschiede geht es bei den Roboadvisorn.
Mit einer herkömmlichen Depotlösung fährt man immer besser und wer es einfach haben will kann ja einfach in einen Welt ETF investieren und wer noch Gold dazu haben möchte nimmt noch einen Gold ETF dazu. Wer es unbedingt nachhaltig haben will der kann auf ESG ETFs zurückgreifen. Es ist alles vorhanden.
Die Frage ist nun warum wird immer wieder versucht diese Roboadvisor schön zu reden? Ich kann mir das eigentlich nur dadurch erklären, dass der Mensch dazu tendiert Informationen welche die eigene vorhaltende Meinung bestätigen überzubewerten und Informationen die dagegen sprechen, unterzubewerten (Confirmation Bias). Sprich, man sucht dann im Internet, in Gesprächen, in Foren etc. Aussagen welche die eigene Meinung bestätigen und wenn das dann passiert, wird das dann unreflektiert als die Wahrheit angesehen und man „ich habs doch gewusst“ oder „hab ich ja schon immer gesagt“ etc. und bei Meinungen die dagegen sprechen werden dann unreflektiert klein geredet im Sinne von „ah das wird schon nicht so schlimm sein“ oder „ah das kann ja nicht so schlecht sein“ oder „ah der hat vermutlich eh keine Ahnung“ etc.
Es ist schwierig zuzugeben, dass man vielleicht am Anfang unwissend war und man nun vielleicht einen Fehler gemacht hat, dabei wäre das genau die richtige Strategie. Niemand ist ohne Fehler, alle machen Fehler und das ist auch nicht schlimm, wichtig ist das man daraus lernt. Die gleiche Diskussion findet oft in ähnlicher Weise statt im Zusammenhang mit 3a Versicherungslösungen. Glücklicherweise gibt es da aber auch viele positive Beispiele von Leute die das eingesehen haben, zu sich selber gesagt haben ok ich hab da wohl einen Fehler gemacht ich nehme nun einen gewissen Verlust in Kauf und löse diese Versicherung auf und investiere nun in Zukunft besser.
Wenn die Fakten betrachtet ist die Sachlage relativ klar bzgl. was der Roboadvisor genau macht, Gebühren etc. und du wirst wohl niemand finden der von der Materie etwas versteht der dir sagt, doch Roboadvisor das ist ein super Ding, macht das. Ausser die Anbieter der Produkte und diejenigen die damit Geld verdienen natürlich.
Im Endeffekt aber ist natürlich jeder frei mit seinem Geld zu machen was er will und wenn jetzt jemand umsverrecken in einen Roboadvisor investieren will, ja dann bitte, niemand hält euch davon ab. Stell dir einfach die Frage ob du für ein Brot statt 3 CHF auch 18-36 CHF bezahlen würdest.