Gewerbliche Wertschriftenhändler

Hallo zusammen,

Mich würde es interessieren, wie viele von euch als gewerbliche Wertschriftenhändler agieren, und ob ihr euch bewusst dafür entschieden habt, oder ob euch die Steuerbehörde irgendwann entsprechend eingestuft hat?

Weshalb würde jemand sich bewusst dafür entscheiden wollen? Das hat im Prinzip ja nur Nachteile ausser man fährt dauerhaft nur Verluste ein. Aber wer startet ein Business um dauerhaft nur Verluste einzufahren?

Es gibt schon auch Vorteile. Man hat bei den Instrumenten freie Wahl. Man kann alles traden, inklusive Hebelprodukte, Futures, Optionen. Wer davon überzeugt ist…
Ich bin da zu bescheiden und glaube nicht, den Markt vorhersehen zu können und bleibe beim buy & hold. Klingt nach Langweiler, aber wenn ich Spannung und Gefühlsachterbahn brauche, dann schaue ich mir einen Film an :slight_smile:

Das kann man ja auch sonst als privater Anleger. Kenne einige die handeln Derivate mit/ohne Hebel, etc. und sind deswegen nicht gewerbliche Wertschriftenhändler.

Die Punkte im oft zitierten Kreisschreiben sind denke ich einfach als Schutz gedacht für die Steuerbehörden damit keine Entscheide der Behörden angefochten werden können egal wie willkürlich sie sind. Aber wenn man als privater mal ab und zu Derivate handelt wird man wohl nicht gleich eingestuft, auch wenn das Risiko natürlich erhöht wird.

Es gibt ja z.B. reine CFD Broker und die werden wohl von einigen verwendet ohne das sie genau wissen was sie da genau handeln. Solange sich das in einem für Private üblichem Rahmen hält wird man deswegen wohl nicht gleich eingestuft.

Man liest unterschiedliche Dinge darüber, deswegen hätte mich mal interessiert, ob jemand von hier wirklich so eingestuft wurde.

Ich habe auch gelesen, dass es in bestimmten Situationen durchaus Sinn machen kann, proaktiv zur Steuerbehörde zu gehen, und sich als gewerblicher Wertschriftenhändler einstufen zu lassen: wenn man z.B. aktiver handelt (nicht immer mindestens 6 Monate Haltefrist) oder eben auch Derivate wie Optionen nutzen möchte (nicht nur, um eigene Positionen abzusichern). Wenn man „privat“ handelt, ist es teils wie mit angezogener Handbremse zu fahren. Man nutzt vielleicht nicht alle Chancen, die man sieht.

Wie „schlimm“ es ist, wenn man „einfach mal macht“ und vielleicht nachträglich als gewerblich eingestuft wird, weiss ich nicht - weil ich eben auch niemanden kenne, dem das passiert ist. Ich nehme aber an, dass es eher unangenehm und teuer sein könnte.

Konkret interessiert mich das, weil ich letztes Jahr auch die eine oder andere Position hatte, die ich dann aufgelöst habe und zumindest einen Teil der Aktien weniger als 6 Monate hatte. Wobei ich nicht denke, dass das ein grosses Problem sein sollte, ein paar davon habe ich auch mit Verlust verkauft - einfach weil ich umstrukturiert habe. So gesehen war es aus Sicht der Steuerbehörde vielleicht auch besser, dass ich nur privat agiere.

Heuer habe ich ein bisschen was mit Optionen gemacht und frage mich daher, wie am besten vorgehen.

Das würde ich auf gar keinen Fall machen. Eine solche Einstufung ist der absolute Super-GAU für einen privaten Anleger und ich kann mir da wirklich keine Situation vorstellen wo das gewünscht wäre oder Vorteile hätte.

Wenn man gewisse Instrumente handeln will und sich bewusst nicht an die Kriterien hält und dann halt eingestuft wird, ja gut dann ist das dann halt so, man hatte es ja gewusst. Aber das auch noch aktiv zu triggern macht jetzt nicht wirklich Sinn. Das ist ja wie wenn man ausversehen 55 statt 50 gefahren ist und dann sofort beim nächsten Polizeiposten vorbei geht um das zu melden.

Das macht ja keinerlei Unterschied. Es ist ja nicht verboten sich nicht an die Kriterien zu halten, es heisst einfach dass du dann mit einer anderen Einstufung rechnen musst. Die Einstufung ist in dem Sinne aber nicht eine Bestrafung weil du dich nicht an die Regeln gehalten hast, in dem Sinne hast du ja keinerlei Nachteile wenn das nicht proaktiv ist. Anders sieht es z.B. aus wenn du ausversehen vergessen hast etwas zu deklarieren, dann war das etwas nicht legales und es ist besser wenn man es proaktiv meldet sobald man Kenntniss davon nimmt da ansonsten es teuer wird.

Das hab ich auch schon mehrmals gemacht und wurde nicht eingestuft als gewerbsmässiger Händler. Ich denke Umstrukturierungen von Portfolios kann es immer mal geben oder auch Käufe/Verkäufe Aufgrund der Marktlage auch innerhalb von 6 Monaten, da kenne ich wirklich niemanden der bisher ein Problem damit hatte. Das Steueramt sieht ja was du machst und können einschätzen warum du was gemacht hast (Umstrukturierungen, neue Produkte, andere Allokationen, etc.).

Wenn du aber die ganze Zeit immer wieder Produkte kaufst und verkaufst wie wild dann hast das eben auch nicht mehr viel mit privatem Investment zu tun dann geht das massiv in die Spekulation hinein und dann sieht es wieder anders aus.

Ich kenne Leute die handeln ausschliesslich mit Optionen und/oder CFDs und wurden nicht eingeestuft. Das Ganze hält sich aber im Rahmen was einem privaten Anleger zuordenbar ist. z.B. Optionen um gewisse Positionen abzusichern sollten kein Problem sein, wenn es da um wilde und regelmässige Spekulationen geht sieht es anders aus. Das selbe mit CFDs es gibt Leute die sind bei irgendwelchen CFD Brokern (nicht das ich das sinnvoll finden würde - im Gegenteil) und machen das da wie andere Aktien kaufen aber halt eher längerfristig und regelmässig Geld investieren und nicht täglich kaufen/verkaufen/kaufen/verkaufen und wild spekulieren.

Ich würde einfach das machen nach gesundem Menschenverstand was für private und langfristige Anleger sinnvoll ist und auch in einem solchen Rahmen liegt. Alles andere würde ich sein lassen.

Wichtig: Keine Steuerberatung, nur meine 2 Cents.

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Hallo AlephOne,

Ok, danke für deine Einschätzung! :slight_smile:

Also ich denke, dann werde ich proaktiv mal nichts machen. Evtl. gehe ich noch zu einem Steuerberater, um die Sache mal kurz zu besprechen.

Weisst du zufällig auch, ob die Einstufung der Steuerbehörde dann bereits für das vergangene Jahr erfolgt, oder ob sie das für die Zukunft machen? Also z.B. auf heuer bezogen: ich handle etwas mehr mit Optionen im 2024 und mache nächstes Jahr die Steuererklärung. Würden sie dann sagen, OK, rückwirkend ab 2024 wirst du als gewerblicher Händler eingestuft, oder sagen sie: du wirst ab jetzt (ab 2025) als gewerblich eingestuft, weil du im 2024 Kriterien für den gewerblichen Handel erfüllt hast?

Dies Frage ab wann man als gewerblich eingestuft wird oder nicht, hat mich ebenfalls aufgrund meiner vielfältigen Trades interessiert und habe zur Zeit nachfolgenden Stand der Kriterien ermittelt.
Dabei würde mich interessieren, welche Erfahrungen oder Kenntnisse ihr gemacht habt.

Hier die Faktoren zur Einstufung als gewerblicher Trader:

  1. Transaktionsvolumen: Das Transaktionsvolumen sollte maximal das Fünffache des Anfangsbestands betragen.
  2. Besitzdauer der Wertpapiere: Die Haltedauer der Wertpapiere sollte länger als sechs Monate sein.
  3. Fremdfinanzierung: Es sollten möglichst keine oder nur geringe Fremdkapitalanteile vorhanden sein, um mehr steuerbare Wertschrifteneinkünfte als anteilige Schuldzinsen zu haben.
  4. Kapitalgewinne: Die Kapitalgewinne sollten kleiner als 50 Prozent aller steuerbaren Einkünfte sein.
  5. Wenn diese Kriterien kumulativ erfüllt sind, wird man als gewerbsmäßiger Wertschriftenhändler eingestuft.

Zu beachten ist, dass die Beurteilung auf Grundlage aller Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgt, d.h. es auch wie oft üblich, von der Einschätzung des Steuerbeamten beeinflusst ist.
Privatpersonen, die als gewerbsmässige Trader eingestuft werden, können ihre Besteuerung pro Trade durch die Gründung einer GmbH in etwa Luzern auf immerhin 12,3% begrenzen.

Dieser Aspekt ist/wäre insofern interessant, als man dabei gerade bei den Gebühren von CH-Brokern, diese dann auch bilanziell bei der Gewinnermittlung als Kosten einbeziehen könnte etc.

Nachtrag: Gerade wenn dann noch sämtliche Betriebsaufwände wie Infrastruktur, Toolkosten, Analyseaufwände, Beratungsaufwand, Verluste in schwankunshohen Phasen, bzw. Absicherungen, Verlustvorträge in die Zukunft etc. etc. voll verrechnet werden können, sind dann u.U. 12,3% Maximalsteuer doch interessant, insbesonders, wenn eine Gruppe so eine GmbH betreibt.

Das sind nur die Ausschlusskriterien (Vorprüfung).

Das fünfte Kriterium hast du noch vergessen:

  • Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die
    Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.

Wenn diese Kriterien kumulativ erfüllt sind, dann kann gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen werden und somit gehen die Steuerbehörden definitiv von einer privaten Vermögensverwaltung mit steuerfreien Kapitalgewinnen aus.

Richtig es muss heissen, wenn diese Kriterien kumulativ nicht erfüllt sind. Besten Dank für deinen Hinweis und Korrekturlesung.

Hi MikeL! Ja gelesen habe ich über diese Kriterien auch bereits.

Wie viele davon erfüllst du denn aufgrund deiner vielfältigen Trades nicht? Und hast du bereits eine Steuererklärung gemacht, wo Kriterien nicht erfüllt waren?
Du kannst mir auch gerne privat schreiben, falls du das nicht öffentlich diskutieren möchtest.

Das wäre auch nicht ganz korrekt. Das würde ja heissen man würde nur eingestuft wenn man alle Punkte zusammen nicht erfüllt, d.h. man könnte sich ein paar Ausreisser erlauben.

Richtig ist aber, nur wenn man alle Kriterien kumulativ erfüllt, dann wird man garantiert nicht als gewerblicher Wertschriftenhändler eingestuft. D.h. wenn man sicher gehen will das man nicht eingestuft wird muss man sicherstellen, dass man alle diese Kriterien erfüllt, d.h. kein Kriterium darf verletzt werden.

Sobald auch nur ein Kriterium verletzt wird, steht es dem Steueramt frei zu tun was sie wollen. In der Praxis ist es jedoch so, dass man nicht gleich als gewerblicher Wertschriftenhändler eingestuft wird nur weil man jetzt ein paar Aktien innerhalb 6 Monate wieder verkauft hat oder man eine Option zur Absicherung gekauft hat. D.h. man kann sich in der Praxis ein paar Sachen erlauben. Dennoch ist man jedoch in diesen Fällen dann dem Goodwill der Steuerämter und somit auch einer gewissen Willkür ausgesetzt, wenn auch das in der Praxis selten ein Problem darstellt. Wie gesagt ich kenne kaum Leute die so eingestuft wurden, dennoch gibt es solche Leute.

Für die allermeisten privaten Anleger sollte das aber sowieso nie ein Problem darstellen, da es ja Sinn macht, dass man sich sowieso innerhalb dieser Parameter bewegt. Hohe Transaktionsvolumen hat man in der Regel sowieso nicht ausser man erbt oder lässt sich die PK auszahlen, dann ist das aber begründbar. Bei Buy & Hold hällt man sowieso länger als 6 Monate (alles andere wie z.B. aktiver Handel, Day Trading und sonstiges Geschwurbel macht keinen Sinn). Sinnvollerweise hat man sowieso nur ein paar wenige ETFs und keine Einzelaktien. Das ist vielleicht höchstens ein Problem wenn man mal das Portfolio umstrukturiert aber auch dann ist es ja erklärbar und einmalig. Fremdfinanzierung sollte man sowieso darauf verzichten als Privater Anleger als sehr kurzfristig z.B. bei IBKR bis Settlement abgeschlossen ist, bei Währungsumtausch etc. aber auch keinen Fall auf Kredit Wertschriften kaufen und auch keine Hebel etc. Kapitalgewinne sind leider in der Regel auch nicht grösser als 50% des Einkommens, etc. Optionen etc. machen auch nicht wirklich Sinn.

Man sieht also, wenn man also normal und sinnvoll anlegt, dann verstösst man sowieso nicht gegen die Kriterien. Ansonsten sollte man sich vielleicht sowieso mal seine Investment Strategie überdenken.

Zudem muss man auch sehen, dass eine Einstufung als gewerblicher Wertschriftenhändler für Steuerämter für Privatpersonen die sich nicht an diese Kriterien halten meistens auch nicht attraktiv ist. Leute die gegen fundamentale Prinzipien für Privatanleger handeln, regelmässig gegen die Kriterien verstossen, aktiv Handel betreiben mit Day Trading etc., Zocken, Optionen etc. kaufen, machen in der Regel sowieso mehr Verluste als Gewinn und da will man nicht dass diese dann auch noch die Verluste den Steuern abziehen dürfen.

Besten Dank für die interessanten Ausführungen zu dem Thema.
Ja, die liebe Interpretation der Definition Kumulativ. Was programmiert man bei einem Steueramtsystem da? Kumulativ nicht erfüllt würde so programmiert, dass alle Faktoren einzeln geprüft und dann alarm geschlagen würde, wenn alle verletzt wurden, d.h. eben kumulativ. In der Praxis würde man bei gewissen Abweichungen aber mind. dem Steuerbeamten mit roter Lampe anzeigen, das mal persönlich selber noch zu bewerten, nicht?

Und bei sogenannten persönlichen Einschätzungen hatten Steuerbeamte schon immer ihre liebe Mühe, dass alle zu gleichen Resultaten kommen, weshalb dieser Anteil der Beurteilung in CH oft eine Art Roulette darstellt.

Aber wichtig scheint mir, dass Fragesteller mit der Aufzählung der relevanten Punkte und verwendeten Begriffe des Gesetzgebers eine brauchbare Grundorientierung zur Einschätzung haben.

PS: Diese Definition kann man (wie du ja auch erwähnst) jedoch zu gewaltigem eigenem Vorteil ausnutzen, weshalb die Steuerämter nicht nur aus Goodwill über einzelne Punkt-Verletzungen hinwegsehen.

Eigentlich würde es für den Staat Sinn machen, Buy&Hold-Anleger als professionelle Trader einzustufen. Weil genau diese Anleger machen Gewinn. Professionelle Trader können jedoch wahrscheinlich auch viel abziehen. Büro, Laptop, Tradingkosten, Kursverluste, … Ich denke, auch genau darum haben die Steuerbehörden nicht besonders grosse Lust jeden Hanswurst, der mal einen Verkauf zu schnell getätigt hat, als Profi einzustufen.

Mich würde in dem Zusammenhang noch interessieren, wie es mit der Einstufung als „Gewerblicher Wertschriftenhändler“ bei den Leuten aussieht, die nicht mehr arbeiten (müssen) und ihr Lebensunterhalt mit Dividenden und Verkäufen von Wertpapieren finanzieren (und zwar noch bevor sie eine Rente beziehen). Viele von uns wollen ja genau das erreichen und dem einen oder anderen ist das sicher auch schon gelungen, dass er nur von Dividenden und Kapitalgewinnen lebt.
Man würde dann ja regelmässig das Kriterium verletzen, dass Kapitalgewinne kleiner als 50% aller steuerbaren Einkünfte ausmachen, da man in diesem Fall keine sonstigen Einkünfte mehr hat.
Wird man dann als gewerblicher Wertschriftenhändler eingestuft und muss die Kapitalgewinne versteuern? Hat jemand Erfahrungen?

Es ist sicher möglich, dass man dieses Kriterium dann in gewissen Jahren verletzt. Aber das muss nicht mal unbedingt der Fall sein bzw. vielleicht nur knapp, da die Dividenden steuerbare Einkünfte sind und Kapitalgewinne nur ein Teil des Verkaufserlöses sind.

Als passiver Investor ohne Einsatz von Fremdkapital wird man sicher nicht als gewerblicher Wertschriftenhändler eingestuft, auch wenn man obiges Kriterium auf Grund von langfristigen Kapitalgewinnen verletzt.

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Ich werde heuer voraussichtlich drei der Kriterien nicht erfüllen, bin schon gespannt wie das nächstes Jahr bei der Steuererklärung wird.